Ein Brief wird gewünscht, ein Liebesbrief, un billet doux – an einen bekannten Unbekannten, ein coup de foudre hat sich, Hallelujah, ereignet, wenn die Götter, wenn Amor denn gnädig, ein Trankopfer bietet ihm dar – bringt Bütten und Feder, haltet den Boten bereit, gebt ihm Wasser und ein gutes Ross, ich bin Tagesreisen entfernt, und noch heute, zur Stunde, soll Nachricht geschehen, soll die Depeche ans Ziel, um Antwort erwartend, erflehend, car il est mon bon bonheur, weil es mein Wunsch und Wille ist, consider it done, mon cher, weil Dein Wunsch mir Befehl.
Link: William-Adolphe Bouguereau (1825-1905) – Elegy (1899), Wikipedia
Ein Antlitz ist es, bezaubernd, das zunächst ich sah und entflammte – und ist es nicht immer so, dass die Augen entscheiden, den Spiegel der Seele suchend, der anderen? Und ist´s nicht verdächtig, und sollte man träumen und hoffen, einem Narren gleich, der sieht und begreift in Sekunden, oh eitle Narretei, süsser Wahn. Man sagt doch, die Psyche entscheidet, in sieben Sekunden, in einem Wimpernschlag – und schon bald sich erschreckend das Innere, sofort erzittert das Herz, umgehend formt sich der Wunsch: Immer sei! Du sei es für immer. Und man entsinnt sich längst vergangener Tage, der Tage des Glückes, des uneingeschränkten – doch halt, man versagt sich´s, zu sehr lastet die Wahrheit, zu sehr zweifelt Gedank´und Verstand, die ewig Waltenden, und legt die Wirklichkeit nahe. Zu böse, zu trist ist die Welt, als dass Elysisches siegt, und dann schiebt man´s beiseite, und wird Hoffnung ganz.
L´ambition, c´est la richesse des pauvres, heisst es, und arm fühlt man sich bald. Doch dann die Augen des anderen, die feurigen, Feu nennt er sich selbst, und man steht wieder in Flammen. Oh Idiot, selbstverliebter, denkt man über sich selbst – sah ich dich heut nicht, sprachen wir nicht, so ist mir das Ganze verloren, I didn´t see you today, the day is lost schrieb ich einst, als Jüngling noch einem anderen, die Worte sind gültig noch, auch wenn die Liebe damals längst verging, und Du dich verwehrtest noch gestern, dagegen ein Weit´rer zu sein. Nur ein neuer, ein Seriengesetz – sei beruhigt! Geschichte sind alle, verdammt zur Erinn´rung, und Neues muss sich ereignen, wenn´s Leben noch Gnade bereit, und Eros den Pfeil schiesst und Apollon auch noch gewogen: Es sei! So stöhnt meine Seele, es sei, und so tu ich mit Macht alles was mir steht zu Gebote, vertrauend auf Wortes Gewalt und auf die günstige Stunde.
Noch kenn ich nicht Stimme und Sagen, allein nur Geschriebenes, das amüsant, und schmunzelte wohl, und ward auch verlacht mit freundlichem, reizenden Spott. Recht geschieht mir, denn fühl ich mich so selbst beizeiten, ein rechter Lächerling seiend, ein kleiner Pierrot, der Lachend-Verlachte, dem Schönheit so viel, und Lächeln, Gedanke und und Zartheit noch mehr? Denn was gibt es bess´res auf Erden, als holdes Erröten, als Lächeln, als Tand, Weinen, Glauben, die Hoffnung stirbt immer zuletzt.
Angetan war ich, was sag ich, ich bin´s, fast über die Maszen, drum halt! Mehr von Dir nun, denn darum nun sitz ich am Tische und blicke über den Garten zum Wald hin, derweilen das Feuer mich wärmt im Kamin, dasselbe, das Dir zum Verlangen, nicht lodern nur sollt es ans Aussen, doch auch das Innere entzünden, so war Dein Wunsch in der Königin aller Sprachen, der Sprache der Liebenden, Französisch war´s, ja – schon allein dies wird mir Gedächtnis.
Noch einmal Dein Bild aufgerufen, ich habe es Freunden gezeigt. Die sagten: Kein Wunder, dass Du beseelt, Nicolas, wir kennen Deinen Geschmack, so möge es sein, viel Glück Dir nun also, gehabe Dich wohl, und bring Dich nicht um den Verstand, um Takt, um edles Mass, doch sei wägend-flüchtig begeistert, Du hast es verdient.
Dein Lächeln, wer will es beschreiben? Das Ebenmass Deines Gesichts? Man tadle mich nicht, kaum mehr durft ich bisher erleben – doch nächtens hatt ich Dein Wort. Und als Du mich fragtest, was wichtiger sei, die schöne Gestalt oder Witz, und Smartness, so nanntest Du´s, glaub ich, und ich sagte: Beides, ich schwör´s. Doch gesteh ich auch ´schnell dass mir Grazie wichtig, dass gern ich an Schönheiten wandle, wie einst schon die Griechen, die Weisesten oft, ihr Entzücken, auf Vasen, zerbrechliche malten, und sangen von Schönheit und Ebenmass, das Wichtigste aber, so hiess es, sei Seele: Animula vagula blandula, hospes comesque corporis, so schrieb es ein römischer Kaiser, Hadrian war´s, und er hatte recht.
So schliess ich nun, sei des gewärtig, ich schliesse, verströmte mich ganz, und harre Deiner Bestimmtheit, der Schärfe Deines Charakters, des schon bewundert erwähnten. Und hoffe kein Narr zu sein, ach, doch vor Göttern sei es gefleht, auf Knien vielleicht und in Schwaden des Feuers, das auf dem Altar Deiner Seele, im Tempel der Wahrheit, Apoll und Zeus zu Gedächtnis und Preis schon entflammt – le feu ardent, le voilà, comme commandé, mon âme enflammée.