DIE MACHT DER SCHWULEN

die macht der schwulen

 

Schwule sind mächtig. Punktum: Sie haben sich sicher schon
häufiger gefragt, warum eigentlich bestimmte Aufträge an andere gehen und
nicht an Sie. Warum Gelder in andere Richtungen fließen als die ihre.
Warum,
schließlich, der attraktive Kollege aus der Rechtsabteilung das größere
Auto
hat. Schon wieder ein Neues. Der nette Nachbar immer, immer, immer auf die
besseren Parties geht. Der flirtige Mann aus dem Fitness-Studio, so
erzählt
man sich, den besseren Sex hat. Und, wahrscheinlich, die besseren Drogen.
Sorry, Herr Schill. Denken Sie doch mal nach! Der Mann ist wahrscheinlich
schwul. Er liebt möglicherweise Männer. Das ist nicht schlimm. Er poppt
wie
ein Popstar. Auch nicht schlimm. Wenn er ein bißchen aufpasst. Schwule
sind
inzwischen sowas wie Popstars (Viele Stars sind und waren schwul. Mehr als
Sie glauben. Aber weniger, als Sie vermuten). Und Sie, Sie alle, die
gesamte
Gesellschaft, haben sie dazu gemacht. Und deswegen sind Sie gewissermassen
ein Opfer der Schwulen. Das ist aber, zum Glück, auch nicht besonders
schlimm. Aber doch spannend, irgendwie. Denn, ausgleichende Gerechtigkeit,
die Schwulen sind auch Ihre Opfer.
Schwule haben Macht. Das gilt für den Kulturbetrieb. Für die Kunst. Für
die
Mode sowieso. Die Hochfinanz. Die Politik. Sogar das Militär: Vergessen
Sie
die Affaire Kiesling, Oberst Redl und den Fall Eulenburg. Alles olle
Kamellen! Heute? Während Sie dies lesen! Paschtunische Kriegsherren in
Afghanistan! Haben Lustknaben! 12jährige! Schreibt der britische
Independent! Findet keiner was dabei: Den Jungs geht´s ganz gut. Sind aber
eher Statussymbole. Nicht umsonst gehörte Afghanistan ja zum Großreich
Alexanders des Großen. Es gilt einfach für alle.
Aber fangen wir, nur so zum Spaß, mal mit der Mode an.
Playboys, Paten und Proleten
Es klingt, als machte der Vatikan in Mädchenhandel: Die Mode, eigentlich
geschaffen für die Frau, wird von Männern kontrolliert. Diktiert.
Befohlen.
Unterjocht. Von fünf, na sagen wir, zehn Männern. Ob schwul oder nicht,
lassen wir noch mal aussen vor. Macht hat zunächst keine sexuelle
Preferenz.
Aufgeteilt ist sie, die Welt der Schönheit, des Begehrens, der Eleganz —
wie
die New Yorker Müllabfuhr von der Mafia. Mode, Mädchen und Moneten,
beherrscht von Playboys, Paten und Proleten.
Es beginnt vielleicht damit, dass Mode Männern Geld und Macht und die
Fähigkeit bietet, ein wenig chicer zu sein als die anderen. Cooler auch,
und
nicht nur im Fußball, auf dem Platz, sondern einfach, weil die Frauen
einen
dann cooler finden. Und so bilden sich Cliquen, Männerfreundschaften — und
in der Mode, sagen wir, dem Feld, das sich ja eigentlich der Weiblichkeit
verpflichtet sieht, ist das schon etwas Ungewöhnliches. Männer definieren,
wie schlank die Models sein müssen. Welche Haarfarbe angesagt ist. Was sie
sich antun müssen, um mitzuhalten. Es scheint, als habe sich ein ganzes
Geschlecht in einem einzigen Akt der Unterdrückung auf jenen
Industriezweig
verlegt, der die Frau von heute am meisten gängelt (oder gängeln will).
Und
festlegt, wie sie aussehen sollen, die Frauen.
Es sind nicht nur mehr die alten Couturiers wie Yves Saint Laurent oder
Karl
Lagerfeld (tschuldigung, Karl!), nein: Die Herrscher des Beauty Business
sind vergleichsweise jung. Fashion-Bubis allesamt.
Da wäre zum einen Stephen Gan. „Ich könnte heute genausogut unter Palmen
sitzen auf irgendeiner Insel” erzählt der Philippino, und es ist schon ein
wenig seltsam, dass er so einen weiten Umweg gemacht hat, über New York,
Drogen und die Zeitschrift Visionaire, sein Steckenpferd, um wieder da zu
landen, wo er ja herkommt: Auf einer Insel. Der Insel Manhattan zwar
jetzt,
einer des Wohlstands und der Macht. Am Küchentisch hat sein Team
angefangen,
in seiner Wohnung, und das Bankkonto haben sie geplündert, um ihr erstes
Leseobjekt zu kreieren. Heute ist das Werk Sammlern 5000 Dollar wert, und
jeder Fotograf, der auf sich hält will darin vertreten sein. Von Mario
Testino über Peter Lindbergh zu Thomas Struth, „wir kennen ja alle und
sind
alle befreundet.” Mittlerweile hat Gan noch einen Job Uptown in Manhattan,
er ist der Creative Director der Modebibel Harper´s Bazaar, einer
Zeitschrift mit Millionenauflage — und da haben wir noch einen Grund,
warum
Männer dieses Business so lieben. Zwischen all der Schönheit, den Drogen
und
dem Glamour: Weil das Geschäft eine Geldmaschine ist. Die Mode ein
Money-Motor.
Eine Sex-Machine dazu: Wenn man erfährt, wie Versace einen 14-jährigen
Jungen nicht mehr abfliegen ließ und eine berühmte Hamburger Agentin dem
verzweifelten Kind am Telefon sagte, sie könne nichts für ihn tun und
dann,
Jahre später, sich auf einer Party nicht mehr daran erinnern will, dass
Gianni erst einige Nächte später dem Kind sein Ticket wieder aushändigte —
ist das eines jener on dits, die erst durch die Aussage des inzwischen
erwachsenen Mannes zur persönlichen Gewißheit werden: De mortuis nihil
nisi
bene. Dass Valentino sich die männlichen Models einzeln zum Casting holt
in
die Suite im Mailänder Hotel kann jeder sehen, der zu den Schauen in die
Via
Gèsu schaut. Und der weltberühmte Fotograf Mario Testino, von ihm sind
fast
alle guten Werbekampagnen, schickt schon einmal alle aus dem Studio. Um
dann
dem Jungen namens Reuben, einem sanften und verheirateten jungen Mann,
einen
Blow-Job anzubieten, aktiv oder passiv. Als der ablehnt, wird halt für die
Gucci-Kampagne nur dessen Torso fotografiert. Aus Rache. Denn ohne Gesicht
ist das Bild für den Jungen wertlos. Die Geschichte kann ein befreundetes
Model gerne noch einmal erzählen. Ob man irgendjemandem daraus einen
Vorwurf
machen kann, mitten in der Modeindustrie, deren Bilder sich immer härter
an
der Grenze zur Kinderpornografie und Drogen-Chic befinden, sei
dahingestellt. Dass ähnliches natürlich auch mit weiblichen Models
passiert,
ist auch klar. Es interessiert nur weniger. Weil Frauen als Opfer des
Mißbrauchs, so schrecklich das jetzt klingt, eher akzeptiert sind. Aber
Männer? Knaben gar? Das rüttelt am Macho. Das sprengt die Hierarchien.
Erschüttert das Patriarchat.
Alle kennen in der Mode alle, und so hilft man sich auch gegenseitig, und
schaut, dass man an der Macht bleibt. Am Hebel. Am einarmigen Banditen
(die
Branche spielt, trotz Krise jährlich 1000 Milliarden ein FACT CHECK
PLEASE).
Man spielt sich die Bälle zu. Zu Hedi Slimane etwa, einem Jungen, der
jetzt
Dior Homme macht. Mit vielen Spiegeln in den Boutiquen und sehr viel grau,
wunderbare Kleidung entwirft, zugegeben, und auch schon ein Visionaire
gemacht hat, über seine Heimat Paris. Auch in grau. Über ihn sagen sie
hier
in New York, dass er ja „sooo begabt sei, ein wirklicher Intellektueller”,
und das findet Karl Lagerfeld ja auch, „Karl hat das gesagt”, und wenn der
etwas sagt, ist es in der Mode wohl Gesetz. Jedenfalls ist Hedi Slimane so
hip, dass er in Berlin nahe den Kunstwerken in der Linienstraße eine
Wohnung
hat und jedes Wochenende hinfliegt, „weil da soviel in der Luft liegt”.
Dass
ihm alle sagen, er sei der „Retter der Männermode”, weil er den
Hochzeitsanzug von Brad Pitt entwarf und Giorgio Armanis dekonstruierte
Sakkos lieber „rekonstruiert”. Aber sprechen, zum Interview, will er
gerade
niemanden, oder genaugenommen nur einen: Noch so einen Kreativdirektor,
von
dem man nicht weiß, was er eigentlich macht. Außer eben auch einer zu sein
von dieser Clique, ein kleinerer womöglich. Ob er wirklich dazugehört oder
nur so tut, man weiß es nicht genau. Denn Stephen Gan in New York hat noch
nie von ihm gehört. Was sehr verwunderlich ist, da jener doch in ganz
Deutschland herumtönt. Er habe allerbeste Kontakte zu den Visionaire-
Leuten,
wie zu allen Modemenschen überhaupt: Ulf Poschardt, ein wirklich
höflicher,
ein wirklich kluger und noch junger Mann, dessen Vorliebe für schnelle
Autos
ihn zu einem bedauerlichen Buch veranlasst hat. Angesprochen auf die
Theorie, da die Homosexualität kulturhistorisch wohl mehr Genie auf dem
Gewissen hat, alleine im letzten Jahrhundert und tieferen Einfluß hatte
auf
die Evolution von Literatur, Kunst, Musik und Geschichte, als die
Weltreligionen, quittiert er mit einem verächtlichen: „Des is so a
blödsinnige These, dazu äußer I mi gar ned.” Überraschend, ist ihm doch
sonst kein anderes Thema zu schade. Aus Liebe zur goldenen Rolex am Arm
vollführt er gern seltsame Arm-Bewegungen. Und gerade hat er eine
Ausstellung zusammengestellt namens „Archeology of Fashion” in den
Hamburger
Deichtorhallen. Er hat mit zwei anderen Kuratoren einfach die besten Fotos
der letzten zwanzig Jahre zusammenraffen lassen und einen launigen Text
verfasst dazu, in schwer verständlichen, leicht verquasten und recht
heißluftigen Worten, die ebenfalls in einem Buch bald bei Schirmer und
Mosel
erscheinen werden. Auszug: „Gerade dort, wo Bilderfluten hereinbrechen und
jede Form von kritischen Bewußtsein ausspülen, nimmt die Sehnsucht nach
Vor-Bildern zu”. Und dann sagt er zur Vernissage „im Centre Pompidou”,
mit
geschürzten Lippen und dem Münchnerischen Tonfall, den man schon an Helmut
Dietl und Stoiber schwer erträgt, da werde man noch mehr Bilder sehen
können, die man ja eigentlich schon kennt, „weil da einfach mehr Platz
drin
ist”. Im Centre Pompidou. Und ob man das eine Foto, mit dem Kleid von
Alexander McQueen, schon gesehen habe, das sei doch wirklich fantastisch,
eine Ikone der Neunziger Jahre. Und da ist schon wieder so ein Lob, das
jemanden anderen erhebt. Diesmal einen Schotten, 26, der abgenommen hat
und
nun die Marke Givenchy zugegebenmassen sehr genial wieder zu einer
Geldmaschine macht, was ihm vor allem Investoren danken. Und natürlich die
Frauen, die gar nicht wissen, wie ihnen geschieht, wenn ausgerechnet die
Männer, die gar nichts von ihnen wollen, sie vermittels kunstvoller
Verpackung zu den Lustobjekten stilisieren, die jedermann haben will.
Besitzen. Als Trophäe zumindest. Oder nur für eine Nacht. Dafür geben sie
dann Geld aus, das sogenannte „Feel Good Money”. Den Jungs gefällt das,
sie
stopfen sich damit die Taschen. Die reichsten von ihnen, richtige
Power-Player älteren Semesters, allesamt Männer, liefern sich dann
richtige
Schlachten:
Da wäre zum Beispiel Patrizio Bertelli, ihm gehört Prada, Jil Sander,
Helmut
Lang, und er hat soviel Macht, dass er dem Vernehmen nach nicht nur seine
Frau schlägt, Miuccia Prada, sondern gerne auch Modemagazine anruft und
ihnen mit Anzeigen-Entzug droht, pro Ausgabe fast zehn Seiten seiner
unterschiedlichen Labels. Und die Redaktionen kuschen. Ein dicker,
bäuerlich-gieriger Mann einfachen Zuschnitts, der seinen Presseleuten
gerne
zu Audienzveranstaltungen anhält, bei denen die Presse dann in Reih und
Glied ansteht, um seiner Äußerungen teilhaftig zu werden: „Die Qualität
ist
das wichtigste” verbreitet er dann, und man denkt unwillkürlich an große
Kartoffeln.
Bernard Arnault gibt es, er schon eleganter, ein Mann, der sich einen
ganzen
Ruderclub an Jungdesignern hält, und sie auswechselt, wie andere Leute
Fußballer. Hedi Slimane gehört ihm, John Galliano, Michael Kors und Marc
Jacobs drüben in den Staaten, und auch Alexander McQueen. Und dann gibt es
noch einen, den vielleicht klügsten von allen, Domenico de Sole, ein
Financier, der von feindlicher Übernahme durch Bertelli bedroht irgendeine
englische Handelsregel nutzend die Anzahl stimmberechtigter Gucci-Aktien
so
sehr erhöhte und so lange an eigene Mitarbeiter ausgab, bis Bertelli den
Schwanz einziehen mußte: „Man kann nicht so groß werden wie General
Motors,
wenn man teure Luxusgüter verkaufen will” sagt er, ein Credo, das bei
Investoren gut ankommt.
Weil die Mode manchmal auch ein trüberes Gewässer ist und von echten
Männern
eher skeptisch betrachtet wegen all der Schwulen, Drogen und Models, ist
ein
Schwarm sehr gewitzter Machos dort untergekommen, und macht auf trendy.
Oder
auf Talent. Und weil die Grenzen zwischen trendy, talentiert und töricht
nirgendwo so fließend sind wie in der Mode, weil trendige Typen manchmal
gerade noch lächerlich waren, und Toren im Handumdrehen Talente, ist der
Aufenthalt dort ziemlich einfach. Dort, wo sich die anderen Männer unwohl
fühlen.
Natürlich ist auch ein gerüttelt Maß Talent mit von der Partie, um vom
Party-Boy zum Fashion-Paten zu werden — aber es hilft halt auch,
Patrizier
zu kennen. Leute mit Geld oder Einfluß: Tom Ford von Gucci, ein einst
einfacher Junge aus Santa Fe, nun nicht mehr ganz so jung aber reich
geworden mit seinem Traum von der schönen, schönen Welt, ist so ein
Talent.
Nicht nur, weil sein Lebensgefährte Richard Buckley heißt, ein Zugpferd
beim
weltweit größten Verlag von Modezeitschriften war und inzwischen
Chefredaktur der Vogue Homme International. Man darf auch annehmen, dass
der
junge Tom Ford die ersten Kontakte zu den Mächtigen und Geldgebern der
Branche über seinen Liebhaber bekommen hat. Eine Praktik, die in den
byzantinischen Labyrinthen des Fashion Business keine Seltenheit ist, aber
selten zu solch kommerziellen Hyper-Erfolg geführt hat wie bei Gucci.
Deswegen ist sie im Nachinein gewissermassen sanktioniert. Richard Buckley
also, ein schmaler Mann mit stechendem Blick und schwer operierten Hals,
auch er klug, ist so einflußreich, dass sein Kommen und Gehen in Paris
ähnlich scharf beobachtet wird wie sonst nur das von Jean-Marie Le Pen.
Denn
wenn er beschließt, eine Geschichte zu machen und die Kleider eines jungen
Designers zu zeigen, dann kann der sich schon gekürt sehen. Bald wird er
dann von Stephen Gan in Visionaire gefeatured, oder in der Harper´s
Bazaar,
gleich in der amerikanischen Vogue „entdeckt” oder von noch einem anderen
Jungen mit Allure und Appeal, dem Holländer Matthias Vriens. Der
fotografiert sehr, sehr gern, hat eine eigene Zeitschrift gemacht mit
Hilfe
der Holländischen Regierung, „Dutch”, und druckt darin alles, was er gut
findet (Zuletzt übrigens eine Strecke von kaum noch bekleideten Jungen,
die
jeden Playboy und jede Penthouse und auch den Hustler erotisch in den
Schatten stellen). Genau wie Tyler Brûlé (der nächste Mann) und sein
Magazin
„Wallpaper” — eine Art gelbe Seiten einer schönen, neuen Design-Welt, die
hat er zwar nach nur vier Ausgaben für eine Million Dollar an den
Medienkonzern Time Warner verkauft. Weil aber seine Anzeigenkunden lieber
von ihm direkt beraten werden wollten hat er nun eine Firma und entwarf
erstmal das neue Corporate Design der Fluggesellschaft SWISS. Dieser Mann
hat allen Ernstes seinen Hang zum Luxus in Afghanistan entdeckt. Kurz nach
dem Abzug der Russen. Er will dort in Sniper-Feuer geraten sein, und bat
auf
dem Weg ins Krankenhaus mit zwei durchschossenen Armen seinen begleitenden
Fotografen: „Nehmt mir meine Rolex jetzt ab, Freunde, ich will sie nach
der
OP wiederhaben.” Dass die Ärzte seinen Pulli aufschneiden mußten, fand er
besonders schlimm, „schließlich war es ein Kaschmir-Rolli.” Und natürlich
findet und fand er gut, was ihm Leute, wie Karl, Yves, Richard, Tom,
Mathias
und Hedi sagen. Oder die, was er ihnen sagt. So wichtig ist das nicht. Und
Ulf steht manchmal mittendrin und öfter außen vor, und erklärt das dann an
Otto NormalverbraucherIn am Lippenstiftstand, weil das ja alles so
verwirrend ist und auch keiner weiß, warum es so ist.
Nur, dass sie zahlen muß, für die Schönheit. Die ganze Zeit. Und diese
Jungs
reichmachen. Damit die ihr sagen, wie sie auszusehen hat. Was sie anziehen
soll. Wann. Warum. Und wieviel sie, das sagen ihr die jungen Modemänner
eben
auch, es ist ihre wichtigste Frage, zahlen muß dafür. Dafür, dass sie die
Männer lieben.

Homos, Hysterie und History

Die Angst vor den Schwulen ist alt. Dabei, und diesen historischen
Rückgriff
kann niemand sich ersparen, wenn er sich mit der Thematik „Schwule und
Macht” ernsthaft auseinandersetzen will, war das alles ja einmal ganz
anders
gedacht. Jedenfalls vor Ausbruch des so ungehemmten und nun von
Fundamentalisten anderen Glaubens so bedrohten Christentums. Vor nicht
weniger als 2500 Jahren.
Am Beginn war das antike Recht Athens: Die herrschende Klasse, die aus
wohlhabenden, aristokratischen Müßiggängern einer „Ritter”-Krieger-Kaste
bestand und ihr höchstes Glück in der tiefen Empfindung für Jünglinge sah,
waren männliche Bürger Athens, die jeden anderen als Barbaren, Sklaven
oder
möglichen Feind betrachteten. Jenes Bürgertum umfasste etwa 3000 Personen,
natürlich nur kriegsfähige Männer. Der über jeden Zweifel erhabene
Oxford-Professor Kenneth A. Glover schreibt schon 1980 in seinem
Grundlagenwerk „Homosexualität in der Griechischen Antike” von einem Kult,
nach dem junge, ausgewachsene Männer von älteren in die Berge „entführt”
wurden, um die Jagd, die Kriegskunst und die Liebe zu erlernen. Dies ist
ein
historisches Faktum.
Der athenische Aristokrat Platon entwickelte einen Liebesbegriff von
älterem
Mann an ausgewachsenen Jüngling, der nicht einmal gegenseitige
Masturbation
kannte. Die heutige Schwulenbewegung unter dem Feigenblatt der frei
praktizierten Sexualität hat damit nicht das Geringste zu tun: Das
griechische Idealpaar Erastes zu Eromenos wäre in weiten Kreisen aidsfrei
geblieben. Es gab, so Glovers Vermutung, im Idealfall keinen Sex. Und das
Verhältnis war zeitlich begrenzt, solange, bis der Jüngling alt genug war,
sich selbst einen erastes zu nehmen. Dass er sich irgendwann auch eine
Frau
nahm, war in der griechischen Gesellschaft selbstverständlich.
Dass also ausgerechnet jene Kreise in Verruf gerieten, die am Flaum des
Jünglings im Sonnenlicht mehr gefallen fanden als an dessen Penetration,
ist
eine der traurigeren Ironien der Geschichte. Sexualität gegen den Willen
jedweden Wesens war im griechischen Recht mit dem Tode bestraft. Konnte
man
einem Jüngling im Laufe seines Lebens nachweisen, er habe sich penetrieren
lassen, ob aus Lust oder gar zum Gelderwerb, konnten ihm seine
Bürgerrechte
aberkannt werden.
Die Griechen bewunderten die Fähigkeit einen Mann zu lieben. So sehr, dass
man nicht nur neben ihm in der Schlacht zu sterben bereit war (übrigens
ein
nicht zu unterschätzender militärischer Nebeneffekt) nein: Es war die
Hingabe zweier Seelen an eine höhere Seinsform, wie sie nur das
perikleische
Griechenland kannte. Das gegenwärtige Image der „modernen” Schwulen ist
der
traurige, letzte Abklatsch eines hehren Ideals in einer Welt des irren,
verirrten und verwirrten Christentums römischer Prägung. Hätte die
Götterwelt der Griechen die Ankunft Jesus von Nazareths überlebt, wäre die
Welt noch immer „schwul”. Frauen hätten keine Bürgerrechte. Doch ach! Es
kam
anders.
Die athenischen Bürger waren den abhängigen und durchreisenden
Proletariern,
Sklaven und unmündigen Frauen wahrscheinlich in ihrer absoluten Machtfülle
ein verhasstes Feindbild. Sie mochten die herrschende Gesellschaftsschicht
mit ihren Oden an Jungen und den Vasenbildern und dem Ideal von
Waffenbruderschaften nicht. Und sie taten solange Rufmord daran, bis sie
so
nicht nur die sexuelle Herrschaft der Frauen auffachten. Sondern auch
(jedenfalls von der Warte der antiken Akropolis) zum Erstarken all dessen,
was häßlich ist.
Die Macht jener athenischen Oberschicht scheint so tief in ein kollektives
Bewusstsein von Bauern eingefrässt, dass ihre instinktive Abneigung gegen
eine ihnen fremde Lebensform nur eine Erinnerung an die Unterdrückung,
Willkür und Arroganz der athenischen Ritterkaste ist. Sigmund Freud würde
dem wahrscheinlich kaum widersprechen können: Und ein Großteil der
Gesellschaft folgt dieser instinkthaften Ablehnung in dem Glauben, es gäbe
soetwas wie die schwule Weltverschwörung. Männer, die sich aus Liebe
zueinander gegenseitig protegieren. Kenneth A. Glover schreibt: „Natürlich
ist es ein Ausdruck des Vertrauens in eine politische Karriere, wenn der
Geliebte durch seinen Charme vermutlich jede Instanz aufgrund der ihm
entgegengebrachten Bewunderung aufzuheben imstande wäre. Man würde für ihn
bei den schwersten Vergehen nur ein lächelndes Kopfschütteln haben.”
Agathon und Alkibiades

sind solche Beispiele großer Ungezogenheiten gegen
Athen, die bis hin zum Krieg führten. Des Letzteren Brillianz gab dem
postperikleischen Athen zehn Jahre Atempause vor dem Sieg Spartas.
Dass Julius Cäsar in seiner Jugend eine Affaire mit einem bythinischen
Prinzen hatte, störte weder den Pöbel noch die Patrizier. Was Gaius Julius
im Senat fast seine Karriere kostete, war einzig die Frage: Wer mit wem.
Sowas zählt. Denn das Schlimmste am „Schwulen” ist das Arschficken. Weiß
doch jeder. Labert doch jede Turnhalle. Die Südkurve. Penetrierte Männer?
IGITTIGITT! Bleibt zu erwähnen, das Magnus Hirschfeld, der erste
Wissenschaftler und Systematiker der Homosexualität schon in den zwanziger
Jahren feststellte, der Analverkehr gehöre nach Aussagen der Befragten in
Berlin NICHT zum typischen Verhalten der Homosexuellen.
Dass Frauen „soetwas” täglich mitmachen müssen, ist halt so. Unvergessen
die
recht gebildete iranische Exilprofessorin, die Homosexualität vor Zeugen
deswegen verteufelte, weil einige Schahs vor Urzeiten über Land rückten
und
sich Lustknaben von den Feldern pflückten. Knaben meist, die deswegen
nicht
verhungern mußten und eine Erziehung erhielten. Und im Übrigen gegen die
riesigen persischen Reise-Harems voller Jungfrauen, Hauptfrauen und
Nebenfrauen wohl kaum ins Gewicht fielen. Das ist ein historisches Faktum,
keine Aufforderung zum Sex mit Minderjährigen beiderlei Geschlechts. Dass
zwischen Sexualpartnern Konsens herrschen sollte während des Aktes, ist
vielen deutschen Ehemännern ja bis heute nur schwer verständlich zu machen
(wie die Gesetzgebung zur Vergewaltigung in der Ehe stichhaltig beweist).
Die amerikanische Wissenschaftlerin Evelyn Hooker schreibt dazu („The
Adjustment of the Male Overt Homosexual,“ Journal of Projective Techniques
21 (1957): 18.): Eine Theorie von sexuellen Übergriffen in Verbindung mit
homosexuellem verhalten wurde von den 50 Jahren an bis in die 70er ohne
Ergebnis verfolgt. Man kam zu dem Schluß, dass Heterosexuelle
Kindesmißbrauch eher neigen als Homosexuelle.

Kunst, Killer und Konsorten

Es ist wohl eine Spätfolge der Kulturpolitik Alexanders des Großen und
seiner Verehrung für Athen, dass die Kunst bis auf den heutigen Tag meist
in
der Hand von Schwulen liegt. Soziologen sprechen von einer Kaste der
Erzieher und der Wahrer von Kultur. Frank Ochmann aus dem
Wissenschafts-Ressort des STERN, ein Kenner der Thematik, bestätigt dies:
„Es scheint fast, als hätte der Homosexuelle einen evolutionsbiologische
Auftrag.” Eine wissenschaftliche Tatsache, die in Bayern wohl ähnlich
lange
auf ihre Anerkennung warten wird wie die Lehren Charles Darwins in Utah.
Dieser „Auftrag” wird vor allem von Diktatoren gefürchtet — Hitler und
Stalin traten in ihrer ängstlichen Intoleranz Beben los, die noch heute in
offener oder versteckter Diskriminierung ihre Äußerung finden. Man
fürchtete
vor allem die Weigerung des Homosexuellen, Kinder (= Soldaten) zu zeugen.
Als Gianni Versace erschossen wurde, von einem schwulen Callboy, im hellen
Tageslicht Miamis, hatte das Konsequenzen. Weltweit. Da waren einmal die
Picassos. Sieben an der Zahl. Die seine Schwester Donatella verkaufte.
Alle.
Da war Gianni noch nicht kalt. Aber gesammelt hat er. Wie fast alle
Schwulen, irgendwas. Der Kunstmarkt? Von Schwulen beherrscht. Die
Auktionen?
Von Schwulen betrieben und aufgekauft. Da wäre einmal der Ex-Vize des
Lousiana Museums in Kopenhagen, ein lieber, guter Mann, der gegenwärtig
die
Picasso Ausstellung der Bucerius Stiftung in Hamburg vorantreibt: „Ich
vertraue ja eher der meiner Intuition, aber die von der Stiftung haben
einfach alles falsch gehängt.” Er kennt sich aus. Er kennt die Nummern
aller
Kunsthändler von Rang. Es wäre übertrieben, dass er Macht ausübt über sein
Wissen. Aber er könnte es. Das IST Macht.
Oder John Neumeier, 60 Jahre, als Choreograph weltberühmt — und sicher
ein
mächtiger Mann. Er sitzt in seinem Büro in der Hamburger Staatsoper wie
der
Chef eines kleinen Bankhauses, aufmerksam, gelassen, (was soll ihm
geschehen?), wie ein sensibler, kunstsinniger Bankier, diskret. Leise.
Unerbittlich. Höflich. Seinem Zorn weichen Besonnene aus.
In seinem Tanzzentrum seinen Namen schon zu Lebzeiten über dem
Schumacher-Portal zu lesen, einem der letzten Schulgebäude, das der große
Architekt Hamburgs erbaut hat, ist Manifest der Macht. Dort im Gang hängt
eine Portrait-Fotografie des Mannes, der er sein will und in seinen besten
Momenten immer war: John Neumeier, von der Kamera auf Papier gebannt,
neben
einer griechischen Säule, dorisch, irgendwo in der Agäis, blickt direkt
ins
Objektiv. Die Daseinsformen sind klar verteilt, links die Säule, rechts
mit
etwas Abstand der Mann, die Fotografie folgt einem inneren Gleichgewicht,
und es scheint keine Sekunde zu geben, in der einer der Vorbeigehenden,
die
Schüler, die Lehrer, daran zweifeln, wer der wichtigere ist auf diesem
Bild,
Mensch oder Marmor.
»Ich bin ein Mörder, und ihr müßt alles tun, um mich aufzuhalten«, sagt er
im Probensaal einer Mauer von Jungen, die sich hinten aufgestellt hat,
ganz
hinten, damit drei Solisten sie anspringen können gleich, während Bartóks
Musik über sie hinwegschwappt und sie die drei nach oben stemmen müssen.
Soeben haben sie ihm nicht wild genug ausgesehen, »eher wie die
Teilnehmerinnen eines Schönheitswettbewerbs”. Zwanzig junge,
durchtrainierte
Männer folgen Neumeier auf´s Wort. Ganze Opernsäale liegen ihm zu Füßen.
Das
ist Macht.
Da wäre auch der Ex-Geliebte Askan Krones, ein junger Galerist und Erbe
der
Sammlung. Es ist anzunehmen, dass er Macht hat. Denn wer Dinge von Wert
handelt, hat Macht. Da sind die kurzen Wege. Wenn ein gutes Werk
reinkommt,
im Archiv auftaucht, oder taxiert wird, können Sie sicher sein, dass als
erster ein Schwuler davon erfährt. David von Sotheby´s etwa (Nachname der
Redaktion bekannt), wußte immer, welche Edelsteine und Goldschmiedekunst
sich in den Safes befand. Weil er es war, der sie schätzte und verkaufte.
Ein besonnener Mann, dessen sexuelle Orientierung Sie im übrigen
genausowenig anginge, wie den Chefredakteur dieses Blattes, der unter
einer
leichten Homophobie leidet, wie fast alle Heten. Und vor allem Mütter.
Der klinische Psychiater Douglas Haldeman aus Seattle meint dazu: „Auch
wenn
sie klinische Wissenschaft seit 25 Jahren Homosexualität nicht mehr als
Geisteskrankheit sieht, erleben wir eine nie-dagewesene Kulturkampagne,
die
dies leugnet. Ihr Antrieb sind distanziert-ablehnende Väter und
über-intime, zerstreute Mütter, die Homosexualität als Bedrohung der
Gesellschaft sehen.”
Und weil man als Schwuler immer und überall damit leben muss, ja, in
manchen
rückständigen Weltgegenden auch noch an Leib und Leben bedroht wird, wenn
man nicht achtgibt, gibt es eben die geheimen Kanäle. Man darf nicht
vergessen, dass in den Siebziger Jahren in Hamburg noch Zweiwegspiegel
existierten auf den Herrentoiletten, zur Beobachtung der Umtriebe einer
stigmatisierten Männlichkeit. Ein Stigma, mit dem man außerhalb der
Metropolen, ähnlich wie mit dem Antisemitismus, immer, überall, täglich
und
stündlich konfrontiert wird. Kein Wunder also, wenn Schwule auf Diskretion
wert legen. Denn je größer die Macht, desto diskreter sind sie.

Homos, Hollywood und das ganze Theater

Nicht alle, natürlich. David Geffen etwa ist so reich und voller Einfluß
in
der Traumfabrik, dass seine homosexuellen Eskapaden Legion sind. Dass
männliche Schauspieler Epigonen der Attraktivität zu sein haben, beweist
etwa Ben Affleck, den man für den Movie Armageddon schon mal für eine
Million Dollar mit perfektem Gesicht und frischen Zähnen sowie einigem
Muskeltraining versah. Tom Cruise, Leonardo DiCaprio oder Brad Pitt
Homosexualität anzudichten ist gewissermassen Volkssport und Futter für
den
Boulevard, der vor Gericht zu hohen Kosten führen kann — zu wichtig ist an
den Kinokassen die Illusion eines Stars zum Anschwärmen für das andere
Geschlecht. Rock Hudson und James Dean waren nicht nur große Akteure und
schwul, sondern auch mit dem Fluch behaftet, ein Doppelleben führen zu
müssen. Weil die Massen dumm waren. Dean könnt vielleicht noch am Leben
sein, hätte er einen Lover als Beifahrer gehabt, der „fahr bitte nicht so
schnell, Schatz” gesagt hätte. Und noch immer gelten Schwule in den
Staaten
als Kassengift. Es steht außer Frage, dass der mächtigste Mann Hollywoods
ein starkes Interesse daran hat, Favoriten zum Erfolg zu führen. Fakten
dazu
sind naturgemäß schwer zu erhärten. Und ist es bei Schauspielern, dieser
ohnehin schillernden Spezies von Mensch, nicht eigentlich auch egal, mit
wem
sie Sex haben? Oder wen sie, wenn überhaupt, lieben? William Shakespeare
meint dazu in seinem Sonnett Nr 40 so nett: „Take all my loves, my love,
yea, take them all…” Und im Sonett 126 heißt es „O thou, my lovely
boy…”
— danach sollte Stoiber schweigen. Für immer. Denn Schwule können Wahlen
entscheiden. Die Demokratische Partei hat sich das in Kalifornien schon
lange zunutze gemacht und Clinton hatte für seinen Wahlkampf mindestens 5
Millionen „schwule Dollar” zur Verfügung. Die Grünen in Deutschland waren
lange Zeit die einzige Partei mit einer Forderung nach Gleichstellung im
Parteiprogramm und dürfte einen beträchtlichen Teil ihrer Wähler aus einem
polysexuellen Lager beziehen. Wie aber verhält es sich mit dem Geld und
Schwulen?

Banker, Bonzen und Bussis in der Nacht

Ein Banker „darf” nicht schwul sein. Ein Militär, Fußballer, Hochspringer
auch nicht. Der ehemalige Vorstandsassistent des Verlages, dem der STERN
gehört, auch nicht. Noch heute lachen in den oberen Etagen die
Sekretärinnen
darüber, wie er über bevorstehende Heirat phantasierte. Und ein Mann aus
der
Führungsriege des glücklicherweise ehemaligen CSU-Kanzlerkandidaten meinte
neulich im Vertrauen „natürlich haben wir schwule Minister im bayrischen
Kabinett, bloß spricht man halt nicht darüber” – dass es eben darum geht,
dass das Verschweigen-Müssen bei den Konservativen auch noch für guten Ton
verkauft wird, wo es doch nur schleichende Diskriminierung ist, macht die
CSU in dieser Frage eben so unerträglich. Und dass Frau Reiche allen
Ernstes
gegen die völlige Gleichstellung der Lebenspartnerschaften Front machte,
soll sie dann bitte ihrem unehelichen Kind erklären, sollte das zufällig
homosexuell werden. Denn natürlich ist keine Berufsgruppe ausgenommen von
jener tragischen Veranlagung, die nach dem gegenwärtigen Stand der
Forschung
(meist unternommen und vorangetrieben von leicht manischen Heteros wg.
„Heilung” oder eifrigen Homos wg. „Was bin ich?”) weder erblich noch
ansteckend noch gefährlich noch sonst irgendetwas ist.

Simon LeVay (brain science at Harvard and the Salk Institute, danach
Gründung des Institute of Gay and Lesbian Education in Los Angeles. Autor
von The Sexual Brain (1993), Queer Science (1996))
und sein Kollege
Dean H. Hamer (PhD, Harvard Medical School) etwa suchen nach dem schwulen
Gen bzw. dem Schwulengen, indem sie die Hypothalami von 16 Heteromännern
und
19 Schwulen seziert haben. Der überraschende Befund: „Der Anteil von
INAH3
im Schwulen Mann war weniger als die Hälfte dessen im Heterosexuellen.”
Aha.
Nur eine Theorie, die jahrhundertelanges menschliches Sexualverhalten der
Klassifikationssucht des ausgehenden 19.Jahrhunderts unterwirft: Und es
ist
für die Führung eines Kontos, eines Verlages, einer Firma oder eines Kfz´s
nicht wirklich nötig, heterosexuell zu sein. Niemand eignet sich besser
als
Geheimnisträger, als ein Schwuler – Diskretion ist für ihn im Notfall
lebenswichtig. Aber es steht außer Zweifel, dass es in den Kreisen der
Hochfinanz äußerst kurze Kommunikationswege gibt, dass an Plätzen wie dem
Frankfurter Friedhof des Nachts Deals getätigt werden, die am nächsten Tag
die Banken und den Gang der Geschäfte ganzer Länder beeinflussen. Das ist
nicht anders als bei Heteros, die das bei Tisch im Hellen machen können
oder
auch im Bordell.
Natürlich ist da der Hamburger Immobilien-Hai aus St.Georg, der seinen
jungen Liebhaber im Eigenbau zum Immobilienmakler ausbildet und ihn in der
hauseigenen Firma ähnlichen Namens angestellt hat, samt Dienst-Käfer-
Cabrio,
Mitgliedschaft im örtlichen Golfclub und einer günstigen Wohnung. Ein
Mann,
dessen elegante Erscheinung schon einmal griechische Antiken illegal
einreisen läßt und der den Wohnungsmarkt jenseits der Alster in einem
Schwulenghetto der Großstadt an eine kaufkräftige Männer-Klientel
vermietet.
Für seine Objekte Putzfirmen anmietet. Vorzugsweise Schwule
Subunternehmer,
für schwule Arbeitslose, Sozialhilfeempfänger und HIV-Positive Rentiers.
Und
wenn man seinen Assistenten an der Mönckebergstraße in Begleitung eines
kleinen Hundes trifft, hofft man, nicht auf die Liste der von ihm
begehrten
Objekte zu gehören. Wahrscheinlich wird er seinen älterern Lover beerben,
und wer wollte es ihm verdenken? Ist das die Macht der Schwulen? Dass
Guido
Westerwelle einen Berater hat, dass er seine Parteikarriere durch Nähe zu
Genscher aufbaute und sein Taktieren wirklich beeinflußbar sein sollte
über
sein Privatleben, dass er nach wie vor vor den Augen der Öffentlichkeit
geheimhält, ungenannt — ist das Macht? Und wer wollte wirklich bezweifeln,
dass politische Ämter im Buddyverfahren vergeben werden? Nicht etwa nach
Eignung, sondern, sagen wir, gar nach sexuellen Affairen und Präferenzen?
Es gibt da einen Haken. Man kann Favoritismus nur im Geheimen betreiben.
Allein der Makel von Bevorzugung, sei sie finanziell oder materiell, zu
schweigen von einer sexuellen, ist im mediengeschwängerten Klima der Zeit
ein Todesurteil. Deswegen tun sie es nicht, die Schwulen. Jedenfalls nicht
offensichtlich. Nicht in größeren Zusammenhängen. Außerdem haben Schwule
keinen Grund, sich für länger zu kommitten. Warum jemanden in ein Amt, in
Position, in Pfründe hieven, der nach relativ kurzer Zeit unattraktiv,
nutzlos, ja langweilig und womöglich gefährlich werden kann? Die Macht der
Schwulen ist ein flüchtig Ding. Doch ausgeübt, ist sie beträchtlich. Denn:
Die Macht der Schwulen ist genauso groß wie die Angst Heteros vor ihr.
Kongruent. Deckungsgleich.
Vor allem proletarisch-bäuerlichen Hirnen und gewissen Kreisen ist das
bedrohlich. Die Vorstellung geheimer Kanäle voller „solcher Herren”, die
in
ihrer Freizeit sexuell eigentlich genau das gleiche tun wie sie selbst
auch,
nur unter Auslassung so störender (unverläßlicher und indiskreter)
Faktoren
wie des angeblich schönen, augenscheinlich doch oft nur vorhandenen
anderen
Geschlechts. In einer Gesellschaft, die ihr Hauptaugenmerk immernoch auf
Vergrößerung der Konsumbevölkerung legt – ein wenig früher ging es jawohl
eher um Soldaten – ist das verdächtig. Und nichts ist dem Volke
bedrohlicher
als ein reicher, mächtiger Schwuler an der Spitze der Gesellschaft, was
die
anhaltenden Gerüchte über höchste Regierungskreise und diverse
Staatsoberhäupter erklärt: Die Schwulen sind überall. Seit Jahrhunderten.
Normal. Sie haben viel durchgemacht. Sie haben der Menschheit eine Menge
geschenkt. Wer das nicht wahrhaben will, mag dem Kollegen Bruce Bawer vom
„Advocate” einen Moment Gehör schenken:
„Auch wenn Schwule etwa 15 Prozent der Bevölkerung ausmachen, ist ihr
Anteil
an westlicher Kunst, Architektur, Musik und Literatur doch sehr viel höher
als jener statistische Wert. Geht man von einem-Prozent-Anteil aus, der
vom
rechten Flügel propagiert wird, ist das Ausmaß des Kulturschaffens
wahrhaft
außergewöhnlich: Erasmus von Rotterdam, da Vinci, Michelangelo,
Caravaggio,
Marlowe, Bacon, Hölderlin, Hans Christian Andersen, Tchaikovsky, Proust.
Wollen Sie ihre Kinder vom Einfluß der Schwulen schützen? Zerstören Sie
die
Mona Lisa das Letzte Abendmahl, bringen sie Händels Messias zum Schweigen
und Schwanensee, verbrennen Sie Moby Dick und das „Portrait einer Dame”.
Solange die Gesellschaft mit Schwulen ein Problem hat. In den USA gibt es
noch immer eine Organisation namens NARTH, the National Association for
Research and Therapy of Homosexuality, eine Anti-Schwule Organistaion die
die Ansicht vertritt, das sexuelle Präferenz zu ändern sei. Einer ihrer
Gründer, Charles Socarides, will so ihre bedrohung der Gesellschaft
eindämmen. Solange es solche Gruppierungen gibt, bleiben die Schwulen
besser
mächtig. Und das ist gut so.
HARALD STAZOL
Über die sexuelle Orientierung des Autors ist der Redaktion bekannt.

DOK:
Hooper („The theory of a connection between sexual molestation and
homosexual orientation was studied in the 1950s and 1970s and, no
correlation being found, was dispensed with. Data has, in fact,
established
that heterosexuals are more likely to molest children than homosexuals.
See
work of Charlotte Patterson, University of Virginia.”).
Douglas Haldeman , a clinician practicing in Seattle: No matter that it
has
been over twenty-five years since the organized mental health professions
recognized that homosexuality is not a mental illness. We are currently in
the midst of an unprecedented culture campaign, launched by „ex-gay“
organizations and mental health practitioners, supporting the idea that
homosexuality is a mental illness, resulting from distant, disdainful Dads
and fussy, overintimate Moms. The fundamentalists backing this effort rely
on their interpretation of scripture, which envisions unrepentant
homosexuals as a threat to society (…)
Bruce Bower, The advocate:
Even if gays constitute as much as fifteen percent of the population, the
gay contribution to Western art, architecture, music, and literature far
exceeds what it should be statistically. If you accept the right-wing
claim
that only one in a hundred people is gay, then the gay contribution is
truly
extraordinary. Think about it: A group comprising one percent of the
population producing Erasmus, da Vinci, Michelangelo, Caravaggio, Marlowe,
Bacon, Hölderlin, Hans Christian Andersen, Tchaikovsky, Proust … the
list
goes on and on to include three of the four major nineteenth-century
American novelists, one (perhaps both) of the two great nineteenth-century
American poets, and two of the three most noted mid-twentieth-century
American dramatists. „Do you want to protect your children from gay
influence?“ (…) I imagine him writing. „Very well. Destroy the Mona Lisa
and The Last Supper, silence Messiah and Swan Lake, and burn Moby Dick and
The Portrait of a Lady. Gay culture is all around you — and it belongs to
everybody.“

KASTEN (optional)
LOS ANGELES — Men and women of the gay and lesbian community have become
one of the Democratic Party’s most important funding sources in 2000,
joining the ranks of top tier contributors, The Washington Post reports.
In all, the community is thought to have contributed roughly $5 million
this
election to the Democratic National Committee alone — a total that puts
them right up there with trade unions, trial lawyers, teachers and the
Jewish, African American and Latino communities.
Vice President Gore has also tapped into the community, having collected
contributions totaling some several million dollars to support his
presidential campaign — a significant part of the $48 million that has
been
raised so far.
„Gay money has always gone to the Democratic Party in large numbers,“ said
David Smith of the Human Rights Campaign. „It just has never been
identified
in a gay wrapping so the party became very clear about how much money is
coming from the gay community.“
In recognition of the community’s importance and growing clout, The Post
notes that HRC leader Elizabeth Birch, who made an historic address to
Democratic convention delegates Tuesday, was invited by Vice President
Gore
to sit in his box with her partner during his acceptance speech Thursday.
The Post notes that only a short while ago, gay money was seen as too „out
there“ to be readily accepted by candidates running for national office —
including those under the Democratic banner. Michael S. Dukakis turned
down
an offer made by gay leaders to raise $1 million for his race just 12
years
ago in the 1988 race.

.a multi-disciplinary anti-gay organization dedicated to advocating a
pathological view of homosexuality, recently published a study suggesting
that sexual orientation can be changed.. One of the more bizarre reactions
came from Charles Socarides, another of NARTH’s founders, who called the
resolution an attempt to diminish the reality that homosexuality is indeed
a
„purple menace“ which threatens society).

Tabelle (optional):

The Gay Gene: Two Trait Profiles–Human Handedness & Human Sexual
Orientation

–Sources–

Human Handedness Human Sexual Orientation
Distribution [1] Stable bimodalism, behaviorally expressed
Stable
bimodalism, behaviorally expressed
Population distribution: Majority and Minority orientations
Majority orientation: 92%
Minority orientation: 8% Majority and Minority orientations
Majority orientation: 95%
Minority orientation: 5%
Population distribution
of orientations according to sex: Male: 9%
Female: 7% Male: 6%
Female: 3%
Male : Female ratio for minority orientations
1.3 : 1 Minority orinetation
30% higher in men than women 2 :1 Minority orientation
100% higher in men than women
Does minority orientation coorelate with race?
geography?
culture? [2]
Mental or physical pathology? [3] No
No
No

No No
No
No

No
Age of first behavioral appearance of trait:
around age 2 around age 2
Is either orientation chosen? No No
Is either orientation pathological? No No
Can external expression be altered? Yes
Yes
Can interior orientation be altered clinically?
No No
Is trait familial/does trait run in families?
Yes Yes
Pattern of familiality: „Maternal effect“ implies X-chromosome linkage.
„Maternal effect“ implies X-chromosome linkage. [4]
Parent-to-child segregation?[5] Little to none. Handedness of adopted
(i.e.
non-biological) children shows no relationship to that of adoptive
parents,
indicating a genetic influence. Little to none. Sexual orientation of
adopted (i.e. non-biological) children shows no relationship to that of
adoptive parents, indicating a genetic influence.
Do siblings of those with minority orientation have increased rates of
minority orientation? Yes. Elevated rate of left-handedness in families
with other left-handed children. Yes. Elevated rate of homosexuality in
families with other homosexual children.
Are monozygotic (identical) twins more likely to share minority
orientation?
Yes Yes
MZ concordance for minority orientation [6] (vs. background rate):
12%
(vs. 8%, so MZ rate is 1.5 times higher) 50%
(vs. 5%, so MZ rate is 10 times higher)
From: A Separate Creation: The Search for the Biological Origins of Sexual
Orientation
Sources: I.C. McManus, „The Inheritance of Left-Handedness,“ Biological
Asymmetry and Handedness, Ciba Foundation Symposium 162. (Chichester) John
Wiley & Sons: 1991, 251-267; J. Michael Bailey and Richard Pillard, „A
Genetic Study of Male Sexual Orientation,“ Archives of General Psychiatry
48
(December 1991): 1089-1096; Dean Hamer et al., „A Linkage Between DNA
Markers on the X Chromosome and Male Sexual Orientation,“ Science 261
(July
16, 1993): 321-327
Literaturangaben (optional):
Frederick L. Whitam and Robin M. Mathy Male Homosexuality in Four
Societies:
Brazil, Guatemala, the Philippines, and the United States New York:
Praeger,
1986. And Frederick L. Whitam and Christopher T. Daskalos, „Male Sexual
Orientation, Femininity, and Childhood Cross-Gender Behavior in Four
Societies: Brazil, Peru, Thailand, and the United States, “ presented at
the
Society for the Scientific Study of Sexuality, Miami, November 1994.
(Whitam
estimates that roughly 25% of homosexual men as children display highly
gender atypical behavior and are most likely to engage in crossdressing as
adults; 50% show marked gender atypical behavior; 15% are less athletic
than
heterosexual boys but display no gender atypical behavior and are
traditionally masculine in other respects; and 10% are
heterosexual-maletypical macho in all respects.)
Dean H. Hamer and Angela Pattatucci et. al. „Linkage Between Sexual
Orientation and Chromosome Xq28 in Males But Not in Females,“ Nature
Genetics 11 (November 1995).

John Gonsiorek, in „The Empirical Basis for the Demise of the Illness
Model
of Homosexuality“ in: Homosexuality: Research Issues for Public Policy,
(1991) Thousand Oaks, CA: Sage Press.
Footnote 3: The literature on conversion therapy has been reviewed most
recently by D. Haldeman (1994): „The Practice and Ethics of Sexual
Orientation Conversion Therapy“, in the Journal of Consulting and Clinical
Psychology, April 1994, Vol. 62., pp. 221-227.