Sehr geehrter Herr Kultursenator, Exzellenzen, meine Damen und Herren, sehr geehrte Kunstfreunde, Unterwerfung, sie soll heute, wie Sie sehen, ganz kurz, einen Moment lang, unser Thema sein: Kunst und Mode, Mode und Kunst, sie sind ein dyadisches Paar, eine fast logische Kombination, eine glückliche Verbindung, und welche der beiden die schnellere ist, die befruchtendere, die letzlich modernere, lässt sich nicht einfach entscheiden. Unterwirft sich die Kunst der Mode, oder letztlich die Mode der Kunst? Eine Frage, die sich nicht leicht beantworten lässt. Wir wollen es dennoch versuchen, vor allem und auch deshalb, weil wir heute, wie vielleicht so leicht und präsent wie heute nachmittag und an den drei folgenden Tagen, besondere Gelegenheit dazu haben. Es ist ja ganz einfach. ein Blick in diese heilige Halle genügt, um zu sehen, wie sehr sich beide erhöhen, einen Gleichklang bilden, und nicht umsonst holen sich Künstler Anregungen aus der Mode, nennen wir nur Tizian, Velazquez, Keith Haring und vor allem Andy Warhol. Woran aber liegt das? An der Gleichzeitigkeit, an der nähe zum Präsenz, aus dem Schöpfen aus der Realität, deren kritische Grundlage beiden Disziplinen zu eigen ist. Was wäre die Kunst ohne die Mode, und ich meine damit nicht allein die Abbildung derselben, wie sie schon in den Portraits der alten Meister quasi immanent ihre Abbildung findet. Gustav Klimt, um nur einen zu nennen, hängt in seinen Darstellungen von den Damen der Wiener Gesellschaft von deren Jugenstilkleidern ab, die heute vergessen sind, aber er wird so gleichzeitig der Schöpfer der Wiener Sezession. Und die Mode sucht die Nähe der Kunst, wo sie sie findet. Berühmte Beispiele der Gegenwart sind etwa die Fondation Cartier in Paris und ihre bahnbrechenden Ausstellungen, die im wesentlichen von Schmuckverkäufen, mithin reinen Modeartikeln finanziert werden, oder auch das projektierte Museum des französischen Luxuskonzerns Louis Vuitton Moet Hennessy, mit der ein Modeunternehmen ein Zeichen setzen will. Dazu gehören auch Privatsammlungen berühmter Modeschöpfer, von denen nur Lagerfeld, Marc Jacobs und auch die ewige Coco Chanel zu nennen sind, um nur einige zu nennen. Picasso wiederum hat Kostüme für Oper; Ballet und Theater entworfen, ebenso wie Gianni Versace zu Lebzeiten, auch dies vielleicht ein Beleg für die Gleichberechtigung von Mode- und Kunstwelt. Kunstwelt, lassen Sie mich das aufgreifen. Wir leben alle in ihr, vielleicht mehr noch als je zuvor, in künstlichen Welten, wenn das Wortspiel erlaubt ist, und wir wissen es. Wir alle befinden uns gegenwärtig in einer Episode der sich ständig überschlagenen Moderne, ein Begriff übrigens, den erstmals Baudelaire umfassend verwendet, und mit dem sich die französische Geistesgeschichte um 1870 herum von der Antike, dem Althergebrachten, dem Traditionellen abwendet. Doch das nur nebenbei. Wenn heute Modeschöpfer oder Künstler sich mit dieser stets neuen, unerwarteten, ja: unerwartbaren Gegenwart auseinandersetzen, schaffen sie im besten Fall Mittel zu ihrer Bewältigung, zur Annäherung des Publikums an das Jetzt. Und als ich zum ersten Mal von dem jungen Modelabel HUIHUI hörte, in dessen temporären Verkaufsraum wir uns gerade jetzt, in diesem Moment befinden, fand ich eines besonders interessant. „Die machen Mode an der Grenze zur Kunst“, wurde mir gesagt, an einer Schnittstelle also, die vom einen zum anderen oszilliert, und die womöglich aktueller nicht sein könnte – wovon Sie sich, meine Damen und Herren, vielleicht Hier und Jetzt selbst ein Bild machen wollen. Und wie glücklich ist da der Umstand, dass einige junge Künstler, Maler wie Fotografen die Gelegenheit nutzen, um ihre Arbeiten auszustellen, eben in Kombination und eben auch im Gegensatz zur Mode von HUIHUI, um eine Gesamtwirkung zu erzeugen, die schon fast als Installation zu bezeichnen ist. Eine Zusammenführung also zweier Welten, wie sie sich nicht allzuoft bietet, ein Spannungsfeld, dass Energien mobilisiert, eine Verbindung von Talenten unterschiedlicher Herkunft, die das erzeugt, was wir hier alle erleben dürfen: Eben gerade die Schnittstelle, an der Kunst und Mode, Mode und Kunst ineinander übergehen. Und dies schliesslich, und damit wäre der Kreis geschlossen, ohne einander zu unterwerfen – was, ich darf es sagen, ein wenig auch ziemlich modern ist. Quod erat demonstrandum, was zu beweisen war. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.