Zur Frage der Finanzen

Sie scheint die vorherrschende der Gegenwart zu sein. Nie hat sie sich härter und unnachgiebiger gestellt als in den Zeiten des überbordenden Kapitalismus. Die ostdeutsche Schriftstellerin Christa Wolf äußerte einmal, sie sei im neuen Deutschland vor allem über die Tatsache entsetzt, wie sehr die Diskussion um Geld zur Tagesordnung gehört. In der alten DDR seien eben alle so knapp gewesen, dass sich die Frage danach überhaupt nicht gestellt hätte – und sie empfände es jetzt als Belastung, pausenlos eine ihrem Empfinden nach eigentlich unwichtige Sache zum täglichen Thema mutieren zu sehen.

Dem Dandy ist Geld eine nachrangige Frage, ja, es steht im Idealfalle zu hoffen, dass er sich ihr gegenüber eine gewisse Unabhängigkeit bewahrt. Da der Dandy dem Wesen nach eine Erscheinung des Luxus ist, sieht er sich selbst als Luxusprodukt, demgegenüber Großzügigkeit an den Tag zu legen ist, so wie er sich selbst mit derselben Großzügigkeit der Welt zuneigt. Beau Brummell, der beste Freund des Prinzen von Wales und Epigone des Dandytums, starb völlig verarmt, ohne sein Stilempfinden oder seinen Wortwitz zu verlieren, bis zur letzten Sekunde.

Brummel
Beau Brummell (1778-1840)

Ich zitiere: „He took a house in Chesterfield Street, Mayfair, gave small but exquisite dinners, avoided all extravagance such as gaming, and kept only a pair of horses. Brummell went on very well in the Prince of Wales’s circle considering his whole fortune was more akin to the annual income of the set he was moving in. He was known for his nicety of dress, elegance of his manners, and smartness of his repartee. He made personal cleanliness popular. Cleaning his teeth, shaving, and scrubbing in a bath daily. He dressed with simple elegance. Of understated elegance he once said: „If John Bull turns round to look after you, you are not well dressed; but either too stiff, too tight, or too fashionable.“

Man kann es als eine der hohen Pflichten des Dandys betrachten, seiner Umgebung ihr stetes Gewinnstreben als lächerlich vorzuhalten, als unnnütz, als zerstörerisch, ja mörderisch. „Es kann in diesem System keine dauerhaften Gewinner geben“, ist seine tiefste Überzeugung. Er weiss, dass der Kuchen nur umverteilt wird, ohne je größer zu werden.

Der Dandy ist ein Phänomen, das sich die gute Gesellschaft, wenn man das sagen darf, leistet. Es ist nicht unüblich, ihn zu gewissen Anlässen als Zierde zu laden, einfach, weil man sich an seinen Sottisen erfreut und ihn als angenehme, zurückhaltende, gebildete und amüsante Erscheinung zugegen wünscht. „He sings for his supper“ – nicht unähnlich den Künstlern oder Musizierenden, Sängern, Schauspielern und Literaten von denen niemand finanzielle Bedeutung, aber alle talentierten Auftritt erwarten. Ein wahrer Dandy ist schon allein deshalb finanziell unabhängig, weil er sich selbst den Reglements des Geldes nicht so unterwirft, wie es die soziale Realität leider unablässig zu tun gewohnt ist. Er ist nicht zwingend reich, aber seine Existenz bereichert. Es ist dies die vielleicht größte Gefahr seines Seins: In dem Maße, in der die Moderne sich dem Tanz um das goldene Kalb widmet und den Mammon über alles andere stellt, in dem Maße, in dem die geistreiche Unterhaltung an Wert verliert, in dem Maße schließlich, in dem die wahre Würde des unabhängigen Menschen, sein Intellekt und sein gütiges Wesen in den Hintergrund treten, verliert der Dandy an Bedeutung.

Es ist dies im fortschreitenden Konsumismus die Hauptherausforderung des Dandys, dass er sich in der immer stärker anbrandende See des realen Kapitalismus an sein langsam versinkendes Floss mit gutem Beispiel voran festklammert, ohne den Mut zu verlieren. Zumal es in der Vergangenheit für Zeitgenossen wie Vergil, der von der Grossmut des Kaisers Augustus abhing, wie Walter von der Vogelweide, der von der Zuwendung verschiedener Höfe abhing, wie Arno Schmidt, dessen Armut den Industriellenerben Jan Phillip Reemtsma zu großzügigen Spenden veranlasste, genügend Beispiele für mutiges Künstlertum gab!

Dandytum und freies Künstlertum sind nahe miteinander verwandt, mit dem Unterschied, dass der Dandy nicht materiell arbeitet – er ist einfach, darin liegt seine Stärke.

Ein Dandy muss nicht zwingend reich sein, nur weil er schöne Dinge liebt – im Idealfalle gelingt es ihm, seine Dienste gewinnbringend zu verkaufen, oder er ist von sich aus finanziell abgesichert, was in individuellen Glücksfällen durchaus möglich ist. Die wahre Kunst des Dandys besteht allerdings darin, sein Wesen ohne Einfluss von Kapital zu entwickeln. Allein dies ist in der Gegenwart eine hohe Kunst geworden.

Zur Frage des Geldes

„Ich muß dir ein Geständnis machen“, sagt der junge Mann zu seiner Braut. „Ich verdiene nur 1 500 Mark im Monat! Wirst du damit auskommen?“ – „Zur Not schon“, erwidert sie. „Doch wovon willst du leben?“

unbekannt

„To make money and to have fun.“ (Geld machen und Spaß haben)

unbekannt

= Das Brecheisen der Macht.

Helmuth Pleßner (1892-1985), dt. Soziologe u. Philosoph |

= Das einzige, das eine Frau manchmal für sich behalten kann.

Jacques Tati (1907-82), eigtl. Jacques Tatischeff, frz. Filmschauspieler u. -regisseur
Detailansicht

= Der Sauerstoff der Börse.

André Kostolany (1906-99), amerik. Börsenkolumnist ungar. Herkunft

= Die Kreditkarte des kleinen Mannes.

Herbert Marshall McLuhan (1911-80), kanad. Kommunikationswissenschaftler

= Geprägte Freiheit.

Fjodor Michailowitsch Dostojewski (1821-81), russ. Schriftsteller

Als ich jung war, glaubte ich, Geld sei das Wichtigste im Leben. Jetzt, wo ich alt bin, weiß ich, daß es das Wichtigste ist.

Thomas von Aquin (1225-74), ital. Theologe

Das einzige, was man ohne Geld machen kann, sind Schulden.

Heinz Schenk (*1924), dt. Schauspieler, Conferencier u. Schriftsteller

Das Geld, das man besitzt, ist das Mittel zur Freiheit, dasjenige, dem man nachjagt, das Mittel zur Knechtschaft.

Jean-Jacques Rousseau (1712-78), schweizer.-frz. Schriftsteller u. Philosoph

Das Geld hat noch keinen reich gemacht.

Lucius Annaeus Seneca (4 v.Chr. – 65 n.Chr.), röm. Philosoph u. Dichter

Das Geld kann gar kein Übel sein. Oder haben Sie schon mal gehört, daß man ein Übel so schnell los wird?

Unbekannt

Daß ich meinen Film gemacht habe, hatte rein mineralogische Gründe – ich brauchte Kies.

Otto Waalkes (*1948), dt. Komiker

Das Schöne am Kapitalismus ist das Geld.

Henning Krumrey, dt. Journalist, „Focus“-Redaktion Bonn

Der Wert des Geldes ist, daß – wenn man es hat – man jedem Mann sagen kann: Scher dich zum Teufel! Es ist der sechste Sinn, der es einem ermöglicht, die anderen fünf zu genießen.

William Somerset Maugham (1874-1965), engl. Erzähler u. Dramatiker