Zur Frage der Zarin Maria Feodorowna, die kürzlich…

…in Moskau neben den Gebeinen ihres Gatten, Zars Alexander des Dritten, nun endlich die ewige Ruhe gefunden hat. Sie war eine herrische Frau. Sie war eine dänische Prinzessin, die ihren Mann auf einer Bootspartie des russischen Kaiserhauses und ihrer Familie, der königlichen Dänemarks, kennenlernte. Sie war eine Realpolitikerin, die die Schwäche ihres Sohnes Nikolaus II., des letzten Zaren, auf das genauste kannte. Sie sah die Folgen für den Untergang ihres Russlands, des Imperialen, voraus. „Geh aus dem Krieg heraus. Wir sind ein Drittweltland in einer Welt der Ersten, und Korea ist nicht gut genug. So geh raus von diesen Bauern oder Schlitzaugen oder was immer sie auch sind“ schrie sie ihren Sohn anlässlich des Balls ihres Geburtstages, an, da hatte das Bolschoi schon getanzt, sie hatte ihr Juwelenbesetztes Fabérge Osterei erhalten, Rasputin wartete im Nebenzimmer, die Kaiserin war mal wieder ohnmächtig, und sie fand ihre eigene Party unerträglich: „Nicht einmal London an einem Sonntagnachmittag kann so langweilig sein wie ein Raum voller Romanows“, ätzt sie aus ihrem von Diamanten, weissen, makellosen, überkrusteten Dekollete, bevor sie einen jungen Offizier zum Tanz nimmt, „man erwartet, dass ich jetzt tanze. Dein Vater hätte…“

Zarin Maria Feodorowna

Maria Feodorowna, Zarin, geborene Prinzessin Dagmar
Nach Ausbruchs des Weltkrieges herrscht sie ihren Sohn an der Front, man reiste im eigenen Zug, an: „Zerstöre endlich Berlin“
Sie hatte es alles vorhergesehen. Noch vor Ausbruch der Revolution ist sie auf Reisen, wie überhaupt einen Grossteil ihres Lebens. „Wir würden mehr von Euch sehen Maman“, sagte Zarin Alexandra, „wenn Ihr weniger reisen würdet.“ Nizza, Cannes, Paris. London. Sie rauscht in den Vorwehen des Jet Sets. Ihr Leben ist eigentlich nur eine Abfolge von Empfängen, Bällen und Gängen in die Oper, das Ballett, das Pferderennen. Die Wände ihres Petersburger Palais aus Marmor waren etwas kalt. Perfekt für Bälle, schlecht für das Korsett. Sie blieb in Dänemark, ihrer Heimat, im Exil. Man hatte ihre Familie ermordet, sie ging viel spazieren. 1928 starb sie. Nun endlich hat Russland sie heimgeholt. Ihr Herz, so hiess es, habe sie in Russland verloren. Chapeau, pour une vraie grande dame.